Warum gerade ich?
Warum bin ich krank geworden? Warum können die anderen das Leben genießen, und ich muss mich mit Ängsten und Tabletten rumschlagen? Das Leben ist ungerecht, denn ich mache doch schon so viel. Ich kümmere mich um meine Eltern, meine Kinder, meinen kranken Nachbarn. Ich kann es mir kaum leisten, in der Firma zu fehlen, denn ohne mich geht da gar nichts mehr. Und jetzt bin ich krank.
Was ist passiert? Irgendwie spüre ich mich kaum noch. Früher, da habe ich Spaß mit meinen Freundinnen gehabt. Als Kind war das Leben ein Abenteuer. Gerne erinnere ich mich daran, wie wir ans Meer gefahren sind, oder im Zelt übernachtet haben. Mein erster Kuss unter dem Sternenhimmel – Himmel war das schön.
Aber das ist alles lange her. Das Leben ist so ernst geworden. Es gibt so viele Bemühungen und Pflichten. Wo soll das Geld herkommen? Meine Partnerschaft ist so alltäglich geworden. Jeder Tag ist ein Tag voll mit Aufgaben und Pflichten.
Muss das Leben so sein?
Vielleicht muss ich das Leben wieder anders sehen. So wie früher, als der Frühling noch leicht und der Sommer aufregend war. Wenn ich so in mich rein höre, dann spüre ich, dass das Leben lautlos an mir vorbeigeht, und ich stumm am Fenster stehe. Die Kinder spielen lachend im Garten und ich stehe stumm daneben. Mein Leben fühlt sich falsch an. Da ist irgendwas nicht in Ordnung. Ich schließe die Augen und höre still in mich hinein.
Das Leben ruft mich! Leise höre ich ein zartes Rufen. „Komm doch!“ „Öffne Dich!“ „Sei dabei!“
Ich bin zögerlich. Das kann doch gar nicht sein. Bin ich wirklich solange an mir selbst vorbeigelaufen, und habe mich selbst gar nicht bemerkt? Wo sind die Jahre geblieben? Wo bin ich geblieben? Ich erschrecke über meine Lieblosigkeit mir selbst gegenüber.
Ich lege meine Hand auf mein Herz. Ich will ihm zuhören. Ich will mich trauen, mir selbst zu vertrauen. Wenn mein Herz zu mir spricht, bleibe ich stehen und schließe mich auf.